
Ich will die Tierfreunde unter den Leserinnen und Lesern nicht enttäuschen, aber der Begriff CAT-Tool hat leider nichts mit unseren flauschigen Freunden zu tun. CAT ist die Abkürzung für „Computer-assisted Translation“, also computerunterstützte Übersetzung, was wiederum nur wenig, bis gar nichts mit automatischer maschineller Übersetzung zu tun hat. Computerunterstützte Übersetzung bezieht sich auf Software oder Apps, die Übersetzern die technischen Aspekte einer Übersetzung erleichtern, damit sich die Übersetzerin bzw. der Übersetzer aufs Wesentliche, nämlich die Übersetzung, konzentrieren kann. Mit technischen Aspekten bezeichne ich hier Aufgaben wie die folgenden:
- Suche nach Begriffen in Wörterbüchern oder in einer Bibliothek mit schon übersetzten Texten, einem sogenannten „Translation Memory“
- Sicherstellung einer einheitlichen Terminologie
- Kopieren von Zahlen im richtigen Format vom Quelltext in den Zieltext
- Verschiedene QS-Prüfungen in Bezug auf Zahlen, Formate, Interpunktion usw.
- Anwendung der Formatierung des Quelltexts auf den Zieltext
- Und viele weitere Funktionen, die einfach automatisiert werden können
Alle CAT-Tools, die ich kenne, erreichen die Automatisierung der obengenannten Funktionen durch Aufteilung des Quelltexts in kleinere Stücke, sogenannte Segmente. Ein Segment kann aus einem ganzen Satz bestehen, oder abhängig von verschiedenen Faktoren wie Sprachkombination, Art des Texts usw. auch aus einer kleineren oder größeren Einheit als einem Satz. Diese Segmentierung ist sowohl ein Segen als auch ein Fluch. Ein Segen, weil die Segmentierung ermöglicht, dass die Software die obengenannten Aufgaben effizient durchführen kann. Ein Fluch, weil die Segmentierung manchmal zur Folge haben kann, dass sich dann der Text in der Zielsprache liest wie eine endlose stichpunktartige Aufzählung aus Wörterbucheinträgen und nicht wie ein gut fließender Text, den man auch gerne liest. Deshalb sind CAT-Tools je nach Art des Quelltexts mehr oder weniger nützlich. Bei Texten wie Patenten, Handbüchern, Lehrbüchern bzw. Texten mit sich wiederholendem Inhalt wie Jahresberichten, bei denen eine einheitliche Terminologie ein absolutes Muss ist, sind CAT-Tools unentbehrlich. Für die Übersetzung von literarischen Werken ist ihr Nutzen jedoch eher fragwürdig.
Welches CAT-Tool würden Sie empfehlen?
Obwohl ich keine CAT-Tool-Expertin bin, haben mir Kollegen diese Frage in letzter Zeit relativ oft gestellt. Ich würde mich als fortgeschrittene Benutzerin einiger Tools bezeichnen, wobei ich mir die Kenntnisse bei der Arbeit angeeignet habe. Außerdem gibt es so viele Tools auf dem Markt, in den verschiedensten Preisklassen mit den verschiedensten Funktionalitäten, für so ziemlich alle Betriebssysteme. Deshalb kann ich diese Frage wirklich nicht klar beantworten. Die Antwort ist sehr individuell und hängt stark vom eigenen Arbeitsablauf, der Sprachkombination und der Art des zu übersetzenden Texts ab.
Ein gutes Tool sollte jedoch zumindest über die folgenden Funktionen verfügen:
- Einen Workflow, der Ihrem individuellen Arbeitsablauf angepasst werden kann
- Alle erforderlichen Funktionen für Quell- und Zielsprache
- Die Fähigkeit, das Format des Quelltexts zu verarbeiten
- Terminologiemanagementfunktionen
- Export- und Importfunktionen für Translation Memories
- Die Fähigkeit, eine Rechtschreibprüfung entweder toolintern oder extern durchzuführen (Ich bevorzuge Letzteres, da ich die Duden-Rechtschreibprüfung verwende, die alle mir bekannten toolinternen Prüfungen bei Weitem übertrifft.)
- Die Fähigkeit, eine QS-Prüfung durchzuführen, ebenfalls entweder toolintern oder extern
Natürlich können die individuellen Anforderungen darüber hinaus gehen, wie zum Beispiel die Kompatibilität mit Spracherkennungssoftware usw. Die oben angeführte Liste enthält einfach die Mindestfunktionen, die ich von einem CAT-Tool erwarte. Natürlich spielt auch der Preis sowie die Häufigkeit neuer Programmversionen und die Verfügbarkeit eines technischen Kundendiensts eine Rolle.
Die meisten CAT-Tool-Anbieter bieten voll funktionstüchtige Probeversionen an. Deshalb würde ich empfehlen, einige diese Probeversionen herunterzuladen und einen halben Tag oder so damit zu verbringen, die verschiedenen Tools anhand eines tatsächlichen Texts zu testen, um zu sehen, welches Tool Ihnen am besten zusagt.
Hierbei möchte ich nochmals auf die Segmentierung hinweisen. Manche Tools segmentieren besser als andere, und manche Tools haben ein besseres Layout als andere, was dabei helfen kann, übermäßig abgehackte Übersetzungen zu vermeiden. Ich persönlich habe aufgrund der unterschiedlichen Layouts einen wesentlichen Unterschied in meinem Schreibstil zwischen den Tools bemerkt. Bei manchen Tools benötige ich einen zusätzlichen Schritt, um den Text nach der Übersetzung so zu lektorieren, dass er natürlicher fließt.
Dieser Punkt sollte auf jeden Fall bei der Auswahl des Tools berücksichtigt werden, da Sie nach einer Weile bei diesem Tool hängen bleiben. Seit Beginn meiner Übersetzertätigkeit habe ich einige Glossare und Terminologiedatenbanken mit Begriffen erstellt, die ich mühsam recherchiert habe. Diese Glossare und Datenbanken sind im Format eines bestimmten Tools und ein Export und Import in ein anderes Tool wäre einigermaßen aufwendig. Für Translation Memories gibt es ein allgemein lesbares Format (TMX), in dem diese von einem Tool in ein anderes übertragen werden können. Leider ist dies für Projektdateien, Glossare und Terminologiedatenbanken (noch?) nicht der Fall. Jedes Tool speichert diese Dateien in einem eigenen proprietären Format. Manchmal können Terminologiedatenbanken exportiert werden — jedoch werden dabei in den meisten Fällen nur die Quell- und Ziel-Begriffspaare exportiert, nicht jedoch die Annotationen und Klassifizierung dieser Begriffe. D. h., die Expertise, die in die Erstellung einer solchen Datenbank eingeflossen ist, kann nicht übertragen werden, obwohl es gerade diese Expertise ist, die die Datenbanken so wertvoll macht.
Deshalb: Wählen Sie weise!